Inwieweit ist die Einführung einer Finanztransaktionssteuer sinnvoll?
Unter einer Finanztransaktionssteuer versteht man eine Steuer auf börsliche und außerbörsliche Finanztransaktionen. Die Finanztransaktionssteuer soll den Handel mit Finanzvermögen wie Aktien, Anleihen, Derivaten, Devisen und Optionen regulieren. Bereits 1936 schlug John Maynard Keynes ein ähnliches Instrument für den Aktienmarkt und James Tobin 1978 für den Devisenmarkt vor. In Deutschland wird derzeit ein Steuersatz von 0,01 % - 0,1 % diskutiert. Bisher wurde aber in keinem Land oder Wirtschaftsraum eine solche Finanztransaktionssteuer eingeführt.
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Globaler Standpunkt: Unbedingtes Ja
Eine Finanztransaktionssteuer in geringer Höhe sollte eingeführt werden!
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Wahrscheinliche positive Konsequenz: Höhere Steuereinnahmen
Das österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut rechnet bei der Einführung einer internationalen Finanztransaktionssteuer mit Einnahmen in Höhe von rund 1% des Welt-Bruttoinlandsprodukt – je nach Steuersatz. Das wären ungefähr 500 Milliarden Dollar jährlich. Für Deutschland würde dies ungefähr 10 bis 20 Milliarden Euro an Mehreinnahmen pro Jahr bedeuten. Die Zahlen des WIFOs beinhalten bereits die Reduktion des Transaktionsvolumens durch den regulatorischen Effekt. Die Steuereinnahmen könnten zur Haushaltskonsolidierung oder für Klimaschutz und Armutsbekämpfung verwendet werden.
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Beleg (empirische Studie): Working Papers 352/2009, Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung
Eine generelle Finanztransaktionssteuer: Konzept, Begründung, Auswirkungen
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Wahrscheinliche positive Konsequenz: Stabilisierung der Märkte und Lenkungsfunktion
Die Finanztransaktionssteuer hat eine finanzmarktstabilisierende Wirkung, da sie insbesondere den häufigen Kauf und Verkauf von Finanzprodukten verteuert und somit unattraktiver macht. Kurzfristige spekulative Transaktionen erhöhen die kurzfristige Volatilität von Wechselkursen, Rohstoffpreisen und Aktienkursen und wirken somit oft trendverstärkend. Hierbei nimmt der Hochfrequenzhandel, der auf geringfügige Kursentwicklungen reagiert, eine besondere Rolle ein. Mit Hilfe von Computern wird der Handel mit Wertpapieren automatisiert und Transaktionen im Sekundentakt abgewickelt. Eine Transaktionssteuer soll diese spekulativen und kurzfristigen Finanzaktivitäten unrentabler machen.
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Beleg (Anderes): Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über das gemeinsame Finanztransaktionssteuersystem und zur Änderung der Richtlinie 2008/7/EG, 2011
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Wahrscheinliche positive Konsequenz: Eine Finanztransaktionssteuer sorgt für mehr Steuergerechtigkeit
In Deutschland werden aktuell 19% Umsatzsteuer für Waren und Dienstleistungen vom Endverbraucher erhoben – Arbeit und Konsum leisten somit ihren Beitrag zum Steueraufkommen. Die Finanztransaktionssteuer würde dafür sorgen, dass Finanzgeschäfte mit der Realwirtschaft bei der Besteuerung von Transaktionen gleichstellt werden. Für die Finanzierung gemeinsamer Herausforderungen muss auch der Finanzsektor am Steueraufkommen beteiligt werden.
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Wahrscheinliche positive Konsequenz: Die Verursacher der Krise sollen an den Kosten zur Bewältigung beteiligt werden
Die Finanzindustrie wurde in den letzten Jahren liberalisiert und destabilisiert, sie hat vom Boom profitiert und ist maßgeblich für die Entstehung der aktuellen Wirtschaftskrise verantwortlich. Daher wäre es nur gerecht, diese Branche an den Kosten zur Krisenbewältigung zu beteiligen.
- Einwand (Meinungsäußerung): Falsche Annahmen über die Ursachen der Finanzkrise
Die Befürworter einer Finanztransaktionssteuer argumentieren, dass mit der Einführung einer solchen Steuer weitere Finanzkrisen verhindert werden könnten. Die aktuelle Finanzkrise entstand aber nicht durch kurzfristige Spekulationen, sondern durch staatliches Fehlverhalten(expansive Geldpolitik, falsche Regulierungen) und privatem Marktversagen(z.B. fehlerhafte Risikoeinschätzungen). Eine Transaktionssteuer greift nicht bei den wahren Ursachen an und ist somit nicht dazu geeignet die derzeitigen Probleme zu lösen.
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Offensichtliche positive Konsequenz: Es herrscht ein Übermaß an Liquidität
Das Handelsvolumen in Devisentransaktionen ist über 70-mal größer ist als das Handelsvolumen mit Wirtschaftsgütern. Das Handelsvolumen mit Zinssicherungsinstrumenten und Zinsderivaten entspricht in etwa dem hundertfachen Volumen der Gesamtinvestitionen. Diese Überschussliquidität ruft kurzfristige Spekulationen hervor und führt zu Fehlbewertung von Preisen, da das Marktgleichgewicht nicht berücksichtigt wird.
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Beleg (empirische Studie): Working Papers 352/2009, Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung
Eine generelle Finanztransaktionssteuer: Konzept, Begründung, Auswirkungen
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Globaler Standpunkt: Unbedingtes Nein
Eine Finanztransaktionssteuer sollte in keiner Höhe eingeführt werden!
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Wahrscheinliche negative Konsequenz: Institute wälzen die Kosten auf Kunden ab
Die Mehrkosten einer Finanztransaktionssteuer würden nicht die Banken und Versicherungen tragen, sondern sie würden die Kosten auf ihre Kunden abwälzen. Dies kann beispielsweise in Form höherer Zinsen für Kredite oder/und durch niedrigere Renditen für Sparer und Anleger geschehen. Dadurch würden die Investitionen und der Konsum sinken, was eine Dämpfung des Wirtschaftswachstums und sogar eventuell einen Rückgang der Beschäftigung zur Folge hätte.
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Beleg (Expertenaussage): George Osborne, britischer Finanzminister, Brüssel, 08.11.2011
"There is not a single banker in this world that is going to pay this tax. There are no banks that are going to pay this tax. The people who will pay this tax are pensioners."
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Anzweiflung (automatisch erstellt): Automatische Anzweiflung
Belege des Typs 'Expertenaussage' sind keine gesicherten, fundierten Erkenntnisse sondern oft mit persönlichen Ansichten unterfütterte Einschätzungen.
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- Einwand (geringes Gewicht): Argument für jegliche Art von Besteuerung gültig
Dieses Argument würde für jede Besteuerung von Unternehmen gelten. Prinzipiell ist es auch in anderen Bereichen möglich anfallende Kosten in Form von Steuern durch Preisanpassungen auf Kunden zu übertragen.
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Wahrscheinliche negative Konsequenz: Es kommt zur Kapitalflucht
Eine Besteuerung innerhalb der Europäischen Union oder sogar ausschließlich in Deutschland hätte weitreichende Folgen für den Kapitalverkehr in Europa, da Transaktionen fortan in Ländern ohne Finanztransaktionssteuer getätigt würden. Für Länder mit einer Transaktionssteuer würde dies eine erhebliche Reduktion des Transaktionsvolumens bedeuten. Eine Finanztransaktionssteuer ist nur dann sinnvoll, wenn sie global eingeführt wird. Die USA und Großbritannien haben aber bereits betont, dass sie in ihrem Land keine Transaktionssteuer einführen werden.
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Wahrscheinliche negative Konsequenz: Liquidität der Märkte sinkt und Volatilität der Preise steigt
Höhere Transaktionskosten infolge einer Finanztransaktionssteuer wird die Liquidität der Märkte senken, was dazu führt, dass die Preise stärker schwanken.
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Beleg (Stellungnahme): Stellungnahme zur Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags
Stellungnahme zur Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags zur Einführung einer „Finanztransaktionssteuer“, einer „Finanzkrisen-Verantwortungsgebühr“ und zu den „Eckpunktenfür die Finanzmarktregulierung“, Deutsches Aktieninstitut, 12. Mai 2010
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Anzweiflung (automatisch erstellt): Automatische Anzweiflung
Belege des Typs 'Stellungnahme' sind keine gesicherten, fundierten Erkenntnisse sondern oft mit persönlichen Ansichten unterfütterte Einschätzungen.
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Wahrscheinliche negative Konsequenz: Spekulation ist ein Element der Preisbildung
In der Diskussion um die Finanztransaktionssteuer vertreten die Befürworter die Ansicht, dass kurzfristige Finanzspekulationen destabilisierend wirken und somit ökonomisch gefährlich sind. In den meisten Fällen aber führen kurzfristige Spekulationen den Preis schneller zum Marktgleichgewicht und sorgen für Liquidität innerhalb der Märkte.
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Beleg (Stellungnahme): Stellungnahme zur Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags
Stellungnahme zur Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags zur Einführung einer „Finanztransaktionssteuer“, einer „Finanzkrisen-Verantwortungsgebühr“ und zu den „Eckpunkten für die Finanzmarktregulierung“, Deutsches Aktieninstitut, 12. Mai 2010
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Anzweiflung (automatisch erstellt): Automatische Anzweiflung
Belege des Typs 'Stellungnahme' sind keine gesicherten, fundierten Erkenntnisse sondern oft mit persönlichen Ansichten unterfütterte Einschätzungen.
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Offensichtliche negative Konsequenz: Falsche Annahmen über die Ursachen der Finanzkrise
Die Befürworter einer Finanztransaktionssteuer argumentieren, dass mit der Einführung einer solchen Steuer weitere Finanzkrisen verhindert werden könnten. Die aktuelle Finanzkrise entstand aber nicht durch kurzfristige Spekulationen, sondern durch staatliches Fehlverhalten (expansive Geldpolitik, falsche Regulierungen) und privatem Marktversagen (z.B. fehlerhafte Risikoeinschätzungen beim Immobilienkauf). Eine Transaktionssteuer greift nicht bei den wahren Ursachen an und ist somit nicht dazu geeignet die derzeitigen Probleme zu lösen.
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Beleg (systematische Aufarbeitung): Entstehung und Verlauf der Finanzkrise ab 2007
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- Sonderstandpunkt (Frage kann nicht fundiert beantwortet werden): Faktenlage unklar/widersprüchlich
Es gibt widersprüchliche Ergebnisse über die Volatilität der Märkte durch die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Auch kann keine endgültige Aussage über die Wirkung von kurzfristigen Spekulationen auf die Finanzmarktstabilität getroffen werden.