Soll Flugzeugbenzin zukünftig besteuert werden?
Schon seit vielen Jahren wird in regelmäßigen Abständen über eine Besteuerung von Flugbenzin, eine sog. Kerosinsteuer, nachgedacht.
-
Struktur zeigen / verstecken
- |
-
Erläuterungenen zeigen / verstecken
-
Globaler Standpunkt: Die Einführung einer Steuer auf Kerosin ist grundsätzlich sinnvoll.
-
Erhoffte positive Konsequenz: Erreichung der nationalen und internationalen Klimaschutzziele
Fliegen gilt als die klimaschädlichste Art der Fortbewegung. Nicht nur die quantitative Menge an emittierten klimaschädlichen Gasen, sondern auch die Höhe, in der die Abgase emittiert werden, erweisen sich als problematisch für das globale Klima bzw. die Atmosphäre. Folglich sollte auch die Luftfahrtindustrie an Klimaschutzmaßnahmen zur Senkung der CO2-Emissionen beteiligt werden, was durch eine Kerosinsteuer bewirkt werden könnte.
-
Beleg (Ergebnis Simulation/Stresstest): Basisprognose der Gesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung (GWS)
Die GWS hat im Auftrag des Bundesumweltamts in einer Basisprognose ermittelt, dass bei einer Einführung einer Kerosinsteuer auf nationaler Ebene in Höhe von 30,2 Cent pro Liter im Jahr 2005 die CO2-Emissionen um ca. 1,5 Mio. Tonnen pro Jahr zurückgegangen wären.
-
-
Offensichtliche positive Konsequenz: Beseitigung von Wettbewerbsvorteilen der Luftfahrt gegenüber anderen Verkehrsmitteln
Während das Flugbenzin nicht versteuert werden muss, ist beispielsweise die Deutsche Bahn dazu verpflichtet, Strom und Diesel für ihre Lokomotiven zu versteuern. Dadurch entsteht die paradoxe Situation, dass die Bahn als das klimafreundlichere Verkehrsmittel steuerlich benachteiligt wird und sich somit einem Wettbewerbsnachteil im Vergleich zur Luftfahrt, insbesondere im Hinblick auf Inlandsstrecken, gegenübersieht. Die Einführung einer Kerosinsteuer würde diese indirekte Subventionierung der Luftfahrt beenden.
-
Beleg (Stellungnahme): Verkehrsclub Deutschland (VCD)
Der VCD verweist auf seiner Homepage explizit auf das "Steuerprivileg [der Luftfahrt] gegenüber allen anderen Verkehrsträgern".
VCD; www.vcd.org/kerosinsteuer.html; zugegriffen am 31.03.2012
-
Anzweiflung (automatisch erstellt): Automatische Anzweiflung
Belege des Typs 'Stellungnahme' sind keine gesicherten, fundierten Erkenntnisse sondern oft mit persönlichen Ansichten unterfütterte Einschätzungen.
-
-
-
Ausdiff. Standpunkt: Die Kerosinsteuer sollte notfalls auch im Alleingang auf nationaler Ebene eingeführt werden.
Angesichts des fehlenden Konsenses auf europäischer und G8- bzw. G20-Ebene bzgl. der Kerosinbesteuerung könnte die Bundesrepublik auch eine nationalstaatliche Regelung einführen, die jedoch nur Anwendung auf innerdeutsche Flüge finden würde.
-
Offensichtliche positive Konsequenz: Nationale Regelung schneller und einfacher umsetzbar
Bereits im Jahr 2003 schuf die EU mit der Energiesteuerrichtlinie (2003/96/EG) die rechtliche Grundlage für die Besteuerung von Flugbenzin. Seitdem hat es auf europäischer Ebene trotz wiederholter Anläufe kaum Fortschritte gegeben. Lediglich die Niederlande führten Anfang 2005 eine Kerosinsteuer auf nationaler Ebene ein. Auf diese Weise wird deutlich, dass eine nationale gesetzliche Regelung wesentlich schneller und einfacher umzusetzen ist als eine europäische Lösung, der viele Staaten zustimmen müssen.
-
Beleg (systematische Aufarbeitung): Wikipedia-Eintrag
In dem Wikipedia-Artikel über die "Kerosinsteuer" wird auf das Beispiel der Niederlande verwiesen, die als einziger europäischer Staat eine nationale Kerosinsteuer eingeführt haben.
Wikipedia; de.wikipedia.org/wiki/Kerosinsteuer; zugegriffen am 30.03.2012
-
Beleg (Gesetz / Verordnung / Gerichtsurteil / Gesetzesentwurf / -vorschlag u.ä.): EU-Energiesteuerrichtlinie (2003/96/EG)
Die Energiesteuerrichtlinie der EU vom 31.10.2003 ermöglicht es den EU-Mitgliedsstaaten, die Steuerbefreiung von Kerosin aufzuheben (vgl. Art. 14, Abs. 2).
EU-Energiesteuerrichtlinie; www.iwr.de/recht/eu_energiesteuerrichtlinie.pdf; zugegriffen am 30.03.2012
-
-
Erhoffte positive Konsequenz: Übernahme einer Vorreiterrolle
Angesichts des sehr trägen Entscheidungsprozesses auf europäischer Ebene könnte eine nationale Regelung in Deutschland als einem der wirtschaftlich und politisch stärksten Mitgliedsstaaten der EU eine gewisse Dynamik in den Prozess einbringen. Andere Staaten könnten sich an einer solchen Regelung orientieren und ebenfalls Kerosinsteuern auf nationaler Ebene einführen. Dadurch würde der Druck auf die Akteure auf EU-Ebene, eine einheitliche Regelung für die gesamte EU auszuarbeiten und zu verabschieden, steigen - gerade angesichts drohender Wettbewerbsverzerrungen.
-
Befürchtete negative Konsequenz: Problem des Tanktourismus ("Tankering")
Gerade beim Flugverkehr, durch den sehr große Distanzen zwischen Ländern oder gar Kontinenten überwunden werden, macht eine Besteuerung auf nationaler Ebene wenig Sinn. Die Fluggesellschaften würden jede sich ihnen bietende Gelegenheit nutzen, der Besteuerung auszuweichen, indem sie nach Möglichkeit ihre Flugzeuge in Ländern auftanken, in denen es keine Kerosinsteuer gibt. Folglich würde eine nationale Lösung kaum greifen und nur geringe Einnahmen erzielen.
-
Beleg (Expertenaussage): Jan Bartholl, Anwalt für Flug- und Reiserecht
Am Rande seines Aufsatzes "Neue Flugsteuer und Luftverkehrsteuer in Deutschland und Rückerstattungsansprüche von Flugpassagieren" vom 29.10.2010 bemerkt der Reiserechtsanwalt Jan Bartholl: "Da die Kerosinsteuererhebung einzelner Mitgliedstaaten durch das Mitführen von zusätzlichem Treibstoff, sog. "Tankering" oder dem sog. "Tanktourismus" von den Fluggesellschaften leicht umgangen werden kann, werden die einzelstaatlichen positiven Umweltbemühungen zunichte gemacht.".
Onejournal.de; www.onejournal.de/item/ratgeber-recht/26/neue-flugsteuer-luftverkehrsteuer-deutschland-rueckerstattungsansprueche-flugpassagieren-pr43378.html; zugegriffen am 31.03.2012
-
Anzweiflung (automatisch erstellt): Automatische Anzweiflung
Belege des Typs 'Expertenaussage' sind keine gesicherten, fundierten Erkenntnisse sondern oft mit persönlichen Ansichten unterfütterte Einschätzungen.
-
- Einwand (sachlich falsch): Effektivität einer nationalstaatlichen Kerosinbesteuerung hängt von der Ausgestaltungsvariante ab
Es gibt Varianten einer Kerosinsteuer, bei denen der Treibstoff aller Maschinen, die innerdeutsche Flugrouten bedienen, besteuert wird. Dabei ist es unerheblich, in welchem Land die Flugzeuge betankt werden.
-
Beleg (empirische Studie): Gutachten von Prof. Dr. Eckhard Pache
In seinem Gutachten "Möglichkeiten der Einführung einer Kerosinsteuer auf innerdeutschen Flügen", das vom Bundesumweltamt in Auftrag gegeben und im April 2005 veröffentlicht wurde, stellt Prof. Dr. Eckhard Pache zwei Ausgestaltungsvarianten vor, bei denen die Erhebung der Kerosinsteuer unabhängig vom Ort der Betankung erfolgen könnte. Im Rahmen einer "pauschalierten Kerosinsteuer" (vgl. S. 67 ff.) würde unter Berücksichtigung der Flugstreckenlänge, des Flugzeugtyps, der Beladung und weiterer Faktoren (Durchschnitts-)Verbrauchswerte als Bemessungsgrundlage für die Kerosinbesteuerung ermittelt. Bei einer auf Nachweispflichten basierenden Besteuerung (vgl. S. 97 ff.) würden die Fluggesellschaften dazu verpflichtet, ihren Treibstoffverbrauch auf innerdeutschen Flügen den Finanzbehörden zu melden.
Pache plädiert aus Gründen der Rechtssicherheit und des (relativ geringen) Bürokratieaufwands für ein kombiniertes Modell aus Bezugs- und Nachweis-Pflichten-Variante (vgl. S. 101 f.), wobei die Bezugs-Variante das "einfache" Modell einer Besteuerung des in Deutschland getankten Kerosins darstellt. Konkret würde dies bedeuten, dass Fluggesellschaften grundsätzlich eine Steuer für das in Deutschland getankte Kerosin entrichten müssten. Zudem würde in dem Fall, dass in Deutschland keine Betankung erfolgt, der nach Deutschland im Tank eingeführte Treibstoff, der für anschließende innerdeutsche Flüge benötigt wird, für die Besteuerung herangezogen werden.
Bundesumweltamt; www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/2853.pdf; zugegriffen am 16.11.2012
-
-
-
-
Ausdiff. Standpunkt: Die Kerosinsteuer sollte mindestens auf europäischer Ebene, wenn nicht gar auf G20-Ebene beschlossen werden.
-
Offensichtliche positive Konsequenz: Internationale Regelung führt zu besserer Wirksamkeit einer Kerosinsteuer
Vereinbarungen auf europäischer oder gar G20-Ebene würden dazu beitragen, die ökologische Lenkungsfunktion einer Kerosinsteuer zu verbessern. Der größere Geltungsbereich einer entsprechenden Regelung würde die Ausweichmöglichkeiten für die Fluggesellschaften beschränken und stärkere Anreize mit sich bringen, energieeffizientere Maschinen einzusetzen und somit das Ausmaß an CO2-Emissionen zu verringern.
-
Erhoffte positive Konsequenz: Internationale Regelung vermeidet Wettbewerbsverzerrungen
Je mehr Staaten sich verbindlich auf die Einführung einer einheitlichen Kerosinsteuer verständigen desto weniger Wettbewerbsnachteile entstehen für Fluggesellschaften aus verschiedenen Ländern, da sie gleichermaßen steuerlich belastet werden.
-
Beleg (Medienbericht): Artikel des Hamburger Abendblatts
Der Bericht des Hamburger Abendblatts vom 23.10.2010 behandelt die Forderung der Verkehrspolitiker von CDU/CSU und FDP nach einer europaweiten oder gar weltweiten Regelung der Kerosinbesteuerung. Als Hauptargument führen sie die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen an.
Abendblatt; www.abendblatt.de/politik/deutschland/article1672427/Koalitionspolitiker-fuer-weltweite-Kerosinsteuer.html; zugegriffen am 20.11.2012
-
Anzweiflung (automatisch erstellt): Automatische Anzweiflung
Belege des Typs 'Medienbericht' sind keine gesicherten, fundierten Erkenntnisse sondern oft mit persönlichen Ansichten unterfütterte Einschätzungen.
-
-
-
-
-
Globaler Standpunkt: Kerosin sollte aus grundsätzlichen Erwägungen weiterhin steuerfrei bleiben.
-
Wahrscheinliche positive Konsequenz: Keine Gefährdung von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung
Eine Kerosinsteuer würde wahrscheinlich zu Gewinneinbußen und Arbeitsplatzabbau auf Seiten der Fluggesellschaften führen. Darüber hinaus käme es zu einer Verteuerung von Exporten infolge höherer Transportkosten, worunter die exportabhängige deutsche Wirtschaft insgesamt leiden würde.
-
Beleg (Pressemitteilung): Wilhelm Bonse-Geuking, Präsident des Deutschen Verkehrsforums e.V.
In seiner Pressemitteilung vom 15. Februar 2005 warnt der Präsident des Deutschen Verkehrsforums e.V. vor den wirtschaftlichen Folgen einer Kerosinsteuer, insbesondere vor dem Verlust von 50.000 Arbeitsplätzen in der europäischen Luftfahrtbranche.
Deutsches Verkehrsforum e.V.; www.verkehrsforum.de/fileadmin/dvf/pdf_downloads/pm2005/06-2005_praesident_zur_kerosinsteuer.pdf; zugegriffen am 31.03.2012
-
Anzweiflung (automatisch erstellt): Automatische Anzweiflung
Belege des Typs 'Pressemitteilung' sind keine gesicherten, fundierten Erkenntnisse sondern oft mit persönlichen Ansichten unterfütterte Einschätzungen.
-
-
-