Soll Koedukation wieder aufgegeben werden?
Gemeint ist hier nicht die Frage, ob Mädchen und Jungen aus Schamgründen bei Sport- oder Sexualkundeunterricht getrennt unterrichtet werden sollen. Es geht hier ausschließlich um den vielfach geäußerten und punktuell in die Praxis umgesetzten Gedanken, dass Mädchen und Jungen bspw. in naturwissenschaftlichen Fächern oder beim Lesen besser ihre Kompetenzen entfalten, wenn sie getrennt voneinander unterrichtet werden (Monoedukation).
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Globaler Standpunkt: Ja, teilweise
Schulen sollen koedukativ bleiben. Einzelne MINT-Fächer wie Physik oder auch einzelne Sprachen sollen zumindest zeitweise getrennt unterrichtet werden, bspw. in ausgewählten Jahrgangsstufen.
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Wahrscheinliche positive Konsequenz: Unterschiedlicher kognitver Informationsverarbeitung gerecht werden
Für Mädchen und Jungen sind oft unterschiedliche didaktische Zugänge Ziel führend. In getrennten Kursen können diese unterschiedlichen Zugänge konsequent umgesetzt werden.
Begründen lässt es sich damit, dass durch Studien Anzeichen dafür gefunden wurden, die belegen, dass geschlechterspezifische Unterschiede in der kognitive Verarbeitung von Informationen, sowie die unterschiedliche Aktivierung von Hirnhälften, bestehen. Die Unterschiede werden als Ursachen ausgemacht, weshalb etwa das räumliche Vorstellungsvermögen von Männern ausgeprägter ist als bei Frauen. Wohingegen Frauen in sprachlichen Aktivitäten den Männern überlegen sind. Dieses Faktum kann man als Anlass nehmen, den Unterricht entsprechend dem jeweiligen Geschlecht zugrunde liegendem kognitiven Informationsverarbeitungsprozessen zu gestalten.
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Beleg (empirische Studie): Studie zu Geschlechterunterschieden und Kompetenzerwerb
Geschlechterdisparitäten im Kompetenzerwerb werden in dieser Untersuchung genetischen Ursachen zugeschrieben.
www.missouri.edu/~gearyd/GearyMathFact2.pdf
Literaturnachweis: Geary, D.C. (1996): Sexual selection and sex differences im mathematical ability. In: Behavioral and Brain Sciences, 19, S. 229-284
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Beleg (systematische Aufarbeitung): Lehrbuch der klinischen Psychologie
Der Beleg ist ein Lehrbuch der klinischen Psychologie. Als Ursache für die Geschlechterunterschiede werden Hirnstrukturen, geschlechterhormonelle Einflüsse, aber auchGeschlechterrollen und –stereotypen genannt.
Gehirn und Geschlecht. Neurowissenschaft des kleinen Unterschieds zwischen Frau und Mann
Lautenbacher, Stefan; Güntürkün, Onur; Hausmann, Markus (Hrsg.), 2007
Zusammenfassung: www.springer.com/psychology/klinische+psychologie/book/978-3-540-71627-3
Gesamtdarstellung: www.springer.com/cda/content/document/cda_downloaddocument/9783540716273-c1.pdf
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Offensichtliche positive Konsequenz: Freiere Entfaltung
In einer geschlechtlich homogenen Gruppe stehen Mädchen in MINT-Fächern bzw. Jungen in Sprachen nicht unter dem Druck des "erfolgreicheren" Geschlechts und können sich dadurch freier entfalten und ihr potential voll ausschöpfen.
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Erhoffte positive Konsequenz: Mehr MINT-Studentinnen aus Monoedukation
Es ist aus verschiedenen Studien bekannt, dass aus reinen Mädchenschulen ein deutlich größerer Prozentsatz ein MINT-Studium beginnen als unter den weiblichen Absolventinnen von koedukativen Schulen. Es ist anzunehmen, dass die dafür ursächlichen psychologischen Mechanismen auch bei teilweise monoedukativem Unterricht an koedukativen Schulen wirken und aus diesen Schulen ebenfalls mehr Absolventinnen in MINT-Fächer gehen.
www.ihf.bayern.de/dateien/monographien/Monographie_67.pdf
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Erhoffte positive Konsequenz: Stärken und Schwächen der Geschlechter werden berücksichtigt
Durch die zeitweise Trennung von Jungen und Mädchen in einzelnen Fächern können Lehrkräfte die jeweiligen Stärken fördern und versuchen die Schwächen abzubauen. Da sich z.B. unter Jungs eine tendenzielle Leseschwäche beobachten lässt, könnte durch gezielte Maßnahmen diese Schwäche abgebaut werden, ohne dass man sich aufgrund der eigenen Schwächen genieren muss. Ebenfalls könnte bei den Mädchen die ebenfalls oft beobachtete Schwäche in mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern abgebaut werden.
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Beleg (systematische Aufarbeitung): Gender und Lesen. Geschlechtersensible Leseförderung: Daten, Hintergründe und Förderungsansätze.
Das österreichische Ministerium für Unterricht, Kunst und Kultur hat 2007 die Broschüre zum Thema "Lesen" herausgegeben. Anlass war die schlechte Lesekompetenz der Jungen bei der PISA-Studie 2003.
Hier wird darauf hingewiesen, dass eine stärkere Berücksichtigung von Texten, die der Interessenslage von Jungen entsprechen (z.B. Sport, Autos, Technik etc.), in Verbindung mit individueller Leseförderung, einen positiven Effekt auf die Lesekompetenzen von Jungen haben.
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Wahrscheinliche positive Konsequenz: Unterschiede in den Mathematikleistungen ab Sekundarstufe I werden verringert
Eine große Anzahl von Studien weisen darauf hin, dass ab der Sekundarstufe I Unterschiede in Lese- und Mathematikleistungen feststellbar sind und diese dann an Intensität zunehmen. Mädchen und Jungen sollten daher in der Grundschule noch gemeinsam unterrichtet werden, jedoch ab der 5. Klasse monoedukativ unterrichten werden. Dadurch ließe sich der negative Trend in den Mathematikleistungen der Schülerinnen und Schüler stoppen.
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Beleg (empirische Studie): IGLU 2006. Lesekompetenzen von Grundschuldschulkindern im internationalen Vergleich.
Mit IGLU wird das Ziel verfolgt, langfristig Trends bzw. Veränderungen der Lese-leistungen von Schülerinnen und Schülern und der Rahmenbedingungen aufzuzeigen. Dazu führt die IEA im Abstand von fünf Jahren in den an IGLU beteiligten Staaten Erhebungen durch, an denen sich Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, El-tern und Schulleitungen beteiligen. Deutschland hat sowohl 2001 als auch 2006 an IGLU teilgenommen, so dass die Ergebnisse der beiden Erhebungen national, aber auch international verglichen werden können.
iglu.ifs-dortmund.de/assets/files/iglu/IGLU2006_Pressekonferenz_erweitert.pdf
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Beleg (empirische Studie): Die Länder der Bundesrepublik Deutschland im nationalen und internationalen Vergleich.
Mit der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) wird das Ziel verfolgt, langfristig Trends beziehungsweise Veränderungen der Leseleistungen von Schülerinnen und Schülern und der Rahmenbedingungen des Lesenlernens in Schulen und Elternhäusern aufzuzeigen. Dazu führt die IEA (International Association for the Evaluation of Educational Achievement) im Abstand von fünf Jahren in den an IGLU beteiligten Staaten Erhebungen durch, an denen sich Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Eltern und Schulleitungen beteiligen. Deutschland hat sowohl 2001 als auch 2006 an IGLU teilgenommen, so dass die Ergebnisse der beiden Erhebungen national, aber auch international verglichen werden können. Insgesamt haben sich 28 Staaten an beiden IGLU-Erhebungen beteiligt.
iglu.ifs-dortmund.de/assets/files/iglu06_band2_pressemappe_farbig.pdf
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Beleg (systematische Aufarbeitung): PISA 2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schüler im internationalen Vergleich
Im vorliegende Band werden die zentralen Befunde der ersten Erhebungswelle aus deutscher Sicht vorgestellt. Der Vergleich der Testleistungen deutscher Schülerinnen und Schüler mit den Leistungen von Gleichaltrigen aus 31 weiteren Teilnehmerstaaten ermöglicht eine Analyse von Stärken und Schwächen des deutschen Bildungssystems.
Literaturnachweis:
Baumert, Jürgen; Klieme, Eckhard; Neubrand, Michael; Penzel, Manfred; Schiefele, Ulrich; Schneider, Wolfgang; Stanat, Petra; Tillmann, Klaus-Jürgen; Weiß, Manfred (2001): PISA 2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schüler im internationalen Vergleich. Opladen: Leske + Budrich.
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Beleg (empirische Studie): PISA 2003. Ergebnisse des zweiten internationalen Vergleichs
Mit dem „Programme for International Student Assessment“ (PISA) informiert die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) ihre Mitgliedstaaten über Stärken und Schwächen ihrer Bildungssysteme. PISA untersucht, wie gut junge Menschen in den teilnehmenden Staaten auf Herausforderungen der Wissensgesellschaft vorbereitet sind. Zielgruppe des Programms sind die fünfzehnjährigen Jugendlichen, die sich in zahlreichen Staaten dem Ende der Pflichtschulzeit nähern. PISA konzentriert die Erhebungen auf zentrale und grundlegende Kompetenzen, die für die individuellen Lern- und Lebenschancen ebenso bedeutsam sind wie für die gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Weiterentwicklung. Das PISA-Konsortium Deutschland fasst in dem vorliegenden Überblick die wichtigsten Ergebnisse aus PISA 2003 zusammen. Zunächst wird ein Überblick über die Besonderheiten dieser internationalen Vergleichsstudie gegeben. In den nachfolgenden Abschnitten werden zentrale Befunde der Kompetenzerhebungen und der Befragungen präsentiert. Hinweise auf weitere und differenziertere Informationsquellen zu PISA 2003 befinden sich am Ende dieses Berichts.
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Wahrscheinliche positive Konsequenz: Stereotype Verhaltensweisen werden abgebaut
In koedukativen Schulen werden stereotypische Verhaltensweisen reproduziert. So gelten die MINT-Fächer weiterhin als typische Männerdomäne und Sprach- und Literaturfächer als „Frauenfächer“. Im monoedukativen Unterricht würde die Identifikation eines Fachs mit einem Geschlecht wegfallen. Dadurch könnten sowohl Jungen als auch Mädchen ihr individuelles Potential ausschöpfen, ohne unter Druck zu geraten, sich in der Domäne des jeweils anderen Geschlechts behaupten zu müssen.
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Beleg (empirische Studie): Geschlechterkonstruktion in Mädchenschulen
In einer Studie empfanden Mädchen einer rein monoedukativen Schule die Lernatmosphäre, d.h. störungs- und ablenkungsfreien Atmosphäre, als sehr angenehm und gaben an, dass sie auch so verhalten konnten, wie sie es möchten und nicht wie es Jungs von ihnen erwarten.
Literaturnachweis:
Waburg, Wiebke (2010): Geschlechterkonstruktion in Mädchenschulen. In: Herwartz-Emden; Schurt, Verena; Waburg, Wiebke (Hrsg): Mädchen in der Schule: Empirische Studien zur Heterogenität in monoedukativen und koedukativen Kontexten. Verlag Barbara Budrich, Opladen & Farmington Hills, S. 87-121
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Beleg (systematische Aufarbeitung): Systematische Aufarbeitung des Themas Bildung und Geschlecht
Rendtorff, Barbara (2011): Bildung der Geschlechter. Kohlhammer, Stuttgart.
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Beleg (systematische Aufarbeitung): Maxim, Stephanie (2009): Wissen und Geschlecht. Zur Problematik der Reifizierung der Zweigeschlechtigkeit in der feministischen Schulkritik. Transcript Verlag, Bielefeld.
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Beleg (empirische Studie): Warum Frauen weniger risikobereit sind als Männer. Studie herausgegeben durch das Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit, Bonn
Erziehung und gesellschaftliche Prägung tragen entscheidend dazu bei, dass Frauen Risiken und Wettbewerbssituationen eher scheuen als Männer. Das geht aus zwei aktuellen Studien von IZA-Fellow Alison Booth (Australian National University und University of Essex) und Patrick Nolen (University of Essex) hervor, die als IZA Discussion Papers erschienen sind. In einem breit angelegten Verhaltensexperiment fanden die Ökonomen heraus, dass Schülerinnen reiner Mädchenschulen im Durchschnitt ebenso risikobereit sind wie Jungen. Daraus schließen die Autoren, dass Frauen nicht "von Natur aus" Risiken oder Leistungsvergleiche scheuen, sondern dass sie je nach Umfeld dazu neigen, sich gemäß bestimmten Geschlechterstereotypen zu verhalten.
- Einwand (Trugschluss): Trennung der Geschlechter wertet Kategorie "Geschlecht" auf
Durch die Trennung der Geschlechter wird die Kategorie „Geschlecht“ nicht aufgelöst, sondern eher aufgewertet. Das verstärkt eher die geschlechterspezifischen Verhaltensweisen, als dass sie abgebaut werden.
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Wahrscheinliche positive Konsequenz: Identifikation mit mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern
In naturwissenschaftlichen Fächern schneiden Mädchen generell schlechter ab als Jungen. Als Ursache wird z.B. die Identifikation der Mädchen mit Sprachfächern genannt. Zudem werden die naturwissenschaftlichen Fächer als Jungen-Domäne wahrgenommen, was wiederum dazu führt, dass Mädchen das Interesse an naturwissenschaftlichen Fächer nicht als kompatibel mit ihrem Selbstbild halten. In getrennten Klassen wird der Kreislauf durchbrochen.
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Beleg (empirische Studie): Identifikation mit naturwissenschaftlichen Fächern: Ein Vergleich von Schülerinnen einer monoedukativen und einer koedukativen Schule.
Die Studie geht der Frage nach, ob sich Mädchen, die eine Mädchenschule besuchen, weniger ausschließlich mit dem üblicherweise eher feminin konnotierten sprachlichen Bereich identifizieren, sonder auch die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer als Identifikationsmöglichkeit nutzen. Dazu wurden Schülerinnen aus monoedukativen (reinen Mädchenschulen) mit Schülerinnen aus koedukativen (gemeinsame Schule für Mädchen und Jungen) Schulen verglichen. Die Autorin kommt zu dem Ergebnis, dass die Mädchen aus monoedukativen Schulen eine größere Nähe zu den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern aufwiesen, d.h., dass sie sich mit diesen Fächern identifizierten und diese auch mochten, als die Mädchen aus den koedukativen Schulen.
Literaturnachweis:
Kessels, Ursula (2007): Identifikation mit naturwissenschaftlichen Fächern: Ein Vergleich von Schülerinnen einer monoedukativen und einer koedukativen Schule. In: Herwartz-Emden, Leonie (Hrsg.)(2007): Neues aus alten Schulen - empirische Studien in Mädchenschulen. Verlag Barbara Budrich, Opladen und Farmington Hills, S. 161-180.
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Globaler Standpunkt: Nein, sondern Koedukation mit Reflexion
Dieser Standpunkt vermeidet den Begriff "reflexive Koedukation" bzw. "reflektierte Koedukation", weil sie häufig gebraucht werden, aber nicht eindeutig definiert sind.
"Koedukation mit Reflexion" bedeutet Koedukation ja, aber verbunden mit permanenter Reflektion. Konkret heißt das, dass einzelne Lehrer/innen oder idealerweise das Schulkollegium als Ganzes einerseits den eigenen Umgang mit Geschlechterrollen im Unterricht kritisch reflektiert und an Verbesserungsmöglichkeiten arbeitet; andererseits diese kritische Reflexion in den Unterricht trägt und auf entsprechende Änderungen im Denken und Handeln der Schülerinnen und Schüler hinarbeitet.
Die gesellschaftlich tradierten Vorstellungen von weiblichem und männlichem Rollenverhalten sind vielschichtig. Die Kinder bringen die Prägungen schon bei ihrem Eintritt in die Schule mit. Koedukation mit Reflexion soll dieserTatsache Rechnung tragen und durch eine geschlechterbewusste Erziehung positiv auf die Schülerinnen und Schüler einwirken.
Es gilt ein Bewusstsein zu schaffen dafür, dass
Lehrerinnen und Lehrer selbst auch weibliche und männliche Rollenvorbilder sind, an denen Kinder sich orientieren,
die Unterrichtsinhalte und –methoden in der konkreten Situation unterschiedliche Lerneffekte bei Mädchen und Jungen auslösen und eine Gleichbehandlung nicht zu gleichen Lernergebnissen führt,
das Verhalten von Mädchen und Jungen unterschiedliche Fähigkeiten und fachliche Neigungen widerspiegelt.
www.schulministerium.nrw.de/BP/Lehrer/Gleichstellung/Koedukation21/Koedukation-Broschuere.pdf
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Erhoffte positive Konsequenz: Problem an der Wurzel gepackt
Geschlechtertrennung vermeidet das Problem nur und löst es nicht. Reflexive Koedukation im Wortsinn hingegen versucht, die Ursachen selbst anzugehen.
Abgesehen von den biologischen Unterschieden werden Geschlechterrollen vor allem sozial konstruiert. D.h., dass die Geschlechterrollen von Schüler und Schülerinnen bereits in der Kindheit durch Erwachsene vorgelebt bekommen und sich diese dann verfestigen. Diese Rollenverteilungen werden dann in den Schulen weiter gefestigt. Durch "reflexive Koedukation" könnte dem Kreislauf entgegen gewirkt werden, indem Rollenverteilungen und vor allem die gesellschaftlich determinierten Interessen von Schülerinnen und Schülern thematisiert und aufgearbeitet werden.
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Beleg (wissenschaftlicher Aufsatz): Manuskript eines Vortrags von Prof. Dr. Hannelore Faulstich-Wieland am 17. Februar 1997 an der FernUniversität - Gesamthochschule Hagen.
„Vordringlich sind Maßnahmen zur Sensibilisierung von Lehrerinnen und Lehrern. Die Reflexion darüber, welche Vorstellungen von „Weiblichkeit“ und „Männlichkeit“ bei einem selbst vorhanden sind, wie man selbst die Geschlechterverhältnisse sieht, erlaubt zunächst einmal, überhaupt wahrzunehmen, ob und wie sich Benachteiligungen für Mädchen, aber auch für Jungen herstellen. Solche Reflexionen zu ermöglichen und darauf aufbauende Verhaltensänderungen zu unterstützen, halte ich für ein zentrales strategisches Moment - in das die Trennungsfrage nur eingebettet sein, das aber nicht primär auf ihr aufbauen kann. Die eigenen sozialen Praktiken ebenso wie die von Schülerinnen und Schülern sorgfältig zu beobachten hilft, das Arrangement der Geschlechter so zu verändern, dass beide Geschlechter neue Erfahrungen machen können. Eine reflexive Koedukation erfordert ein bewusstes Wahrnehmen von Geschlechterverhältnissen und - wo Geschlechterhierarchien abgebaut werden müssen - ein Bezugnehmen darauf - und zwar in koedukativen wie in getrennten Lernphasen und -formen. Geschlechtshomogene Gruppen sind nicht der Königsweg der Weiterentwicklung der Koedukation. Heterogene Sozialisationskontexte und eine reflexive Gestaltung sozialer Praktiken können eher zu Entdramatisierungen führen und den Schülerinnen und Schülern die Aneigung erweiterter Formen von Handlungswissen und Handlungsfähigkeiten bieten. Auch sie müssen allerdings bewusst gestaltet werden.“
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Wahrscheinliche negative Konsequenz: zu hohe Ansprüche an die Lehrer(innen)
Das Ziel, mit einer gemischtgeschlechtlichen Klasse im Kindesalter oder in der Pubertät über solche emotional aufgeladenen Themen zu reflektieren, stellt hohe Anforderungen an die Persönlichkeit und die kommunikativen Kompetenzen der Lehrerin / des Lehrers. Hinzu kommt, dass diese Reflektion nur Ziel führend sein kann, wenn die konkrete Situation in der Klasse thematisiert wird, was kaum vermeidbar dazu führt, dass einzelne Schüler(inne)n sich angeklagt fühlen. Die soziale Dynamik ist schwer zu kontrollieren. Insbesondere laufen Lehrer(inne)n Gefahr, dass sie selbst und ihr Anliegen von der Klasse - mglw. von beiden Geschlechtern - nicht mehr ernst genommen werden, das Ziel also in noch weitere Ferne rückt. Es ist sehr fraglich, ob normal befähigte Lehrer(inne)n dieses Problem lösen können bzw. ob Fortbildungen sie in diesen Stand versetzen.
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Befürchtete negative Konsequenz: Emotionale Probleme nicht rational lösbar.
Reflexive Koedukation ist der Versuch, ein tiefgehend emotionales Problem auf rationaler Ebene mit intellektuellen Mitteln zu lösen. Die allgemeine Erfahrung legt nahe, dass dies schwerlich möglich ist, zumal die Umstände - große Gruppe, geringes Zeitbudget, pubertierende Jugendliche - nicht optimal sind.
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Erhoffte positive Konsequenz: Lehrkäfte wirken positiv auf die Lernerfolge von Schülerinnen und Schüler ein
Die Lehrkräfte sollten auf beide Geschlechter in ihrem jeweils schlechteren Fach zugehen. Gemeint ist, dass z.B. in den MINT-Fächern, das als Schwäche von Mädchen gilt, ermutigt werden sich mehr zuzutrauen und sich intensiv mit der Thematik zu beschäftigen. Gleiches gilt für Jungen in Sprachen. Dadurch sollte das Selbstvertrauen der Schülerinnen und Schüler gestärkt werden, wodurch eine Leistungssteigerung erwartet werden kann. Zudem sollten LehrerInnen ihr eigenes Verhalten stetig selbst beobachten.
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Beleg (empirische Studie): Interaktionsstudie über Reformansätze im Unterricht
In der Studie haben die Autoren je eine Unterrichtsstunde Physik bei Lehrerinnen und Lehrer beobachtet. So konnten sie beobachten, dass „auch dann, wenn die quantitative Verteilung beim Aufrufen und ‚Drannehmen’ zwischen Mädchen und Jungen annähernd gleich ist, so unterscheiden sich die an sie gerichteten Fragen inhaltlich. Jungen werden eher nach neuen Sachverhalten bzw. nach der Funktion gefragt, während sich die Fragen an Mädchen ausschließlich auf die Wiederholung behandelter Unterrichtsinhalte sowie auf Bezeichnungen von Sachverhalten beziehen. Jungen und Mädchen sind mit geschlechtsrollentypischen Zuschreibungen (und Wertungen!) durch die Lehrenden konfrontiert. Generell wird Jungen eine größere Vorerfahrung, insbesondere eine praktische ‚Bastelerfahrung’ zugesprochen, die leicht zu verwechseln ist mit einer genuinen männlichen ‚Begabung’. Die Form der Wissensaneignung der Jungen wird als produktiv und praktisch beschrieben. Mädchen wird Fleiß und Sorgfalt attestiert und eine Wissensaneignung, die eher adaptiv und rezeptiv ist. Es folgt insgesamt eine geringere Leistungserwartung an Mädchen“ (S. 164).
Auch das soziale Verhalten, nämlich häufigere Unterrichtsstörungen durch Jungen, bzw. dessen Bewertung durch die Lehrkräfte führt zu nachteiligen Folgen für die Mädchen: „Bei Mädchen wird somit ein erwünschtes Verhalten (soziale Stütze) akzeptiert und damit erwartet. Bei Jungen gilt ein unerwünschtes Verhalten als selbstverständlich. Hiervon profitieren allein die Jungen. Die Mädchen haben den Nachteil, dass ihr Unterricht in der Regel tragendes Verhalten nicht wertgeschätzt wird“ (S. 165).
Literaturnachweis:
Thies, Wiltrud; Röhner, Charlotte (2000): Erziehungsziel Geschlechterdemokratie. Interaktionsstudie über Reformansätze im Unterricht. Weinheim: Juventa.
- Anzweiflung: Beobachtungszeitrum von einer Schulstunde zu gering
Der Beobachtungszeitraum von einer Schulstunde ist zu gering, um daraus ausreichende Erkenntnisse zum LehrerInnen-Schüler-Verhältnis zu gewinnen.
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Wahrscheinliche negative Konsequenz: Überlastung der Lehrkräfte
Lehrkräfte stehen bereits unter Druck. So müssen sie Lehrinhalte für das Abitur aus vormals drei Jahre, nun in zwei Jahren vermitteln. Zudem stehen viele Lehrer in Klassen mit viel zu großer Schülerzahl, was die Unterrichtsgestaltung noch schwieriger macht. Eine weitere Anforderung an die Lehrer, sich nämlich den Geschlechterunterschieden bewusst zu werden und die dafür nötigen Strategien dann auch adäquat umzusetzen, könnte die Lehrkräfte überlasten.
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Beleg (wissenschaftlicher Aufsatz): Lehrpersonal auf dem Weg zu einem geschlechtergeschten Physikunterricht
Aus einem Projekt in der Schweiz ist bekannt, dass Lehrkräfte didaktische Ideen zur Sensibilisierung für koedukativen Unterricht erhalten haben. Das Projekt wurde von allen beteiligt durchaus als positiv bewertet, allerdings gaben die Lehrkräfte an, dass vor allem inhaltliche und unterrichtsmethodische Anregungen umgesetzt zu haben, weniger geschlechterspezifische Strategien zur geschlechtergerechten Unterrichtsgestaltung. Das lässt vermuten, dass sich das schwer in den Unterrichtsalltag integrieren lässt.
Labudde, Peter: Lehrpersonal auf dem Weg zu einem geschlechtergerechten Physikunterricht. In: Bildung und Erziehung 53 (2000) H. 3, S. 307-320.
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Befürchtete negative Konsequenz: Konzept bleibt ohne Wirkung
Zu Reflexionen m Zusammenhang mit Koedukationgibt es weder eine eindeutige Definition, noch sind bisher in der Praxis umsetzbare Maßnahmen entwickelt worden. Lehrkräfte sind bei der Umsetzung völlig auf sich gestellt und können nicht auf bereits (erfolgreich) in der Praxis umgesetzte Maßnahmen zurückgreifen. Daher ist zu befürchten, dass die Grundidee der begleitenden Reflexion ohne Wirkung bleiben wird.
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Globaler Standpunkt: Nein, sondern geschlechterneutrale und geschlechterdifferenzierte Textwahl
Die Texte, die im Deutsch- bzw. Fremdsprachenunterricht zur Erlernung der Sprache behandelt werden, sprechen nicht unbedingt beide Geschlechter gleichermaßen an. Dasselbe gilt in MINT-Fächern, wenn Aufgabenstellungen als Textaufgaben gestellt werden, das heißt, in illustrierend und motivierend gemeinte Beispiele aus der "wirklichen Welt" eingepackt werden. Die konkreten Inhalte dieser Texte und Textaufgaben könnten prinzipiell auch so ausgewählt werden, dass sie entweder gleichermaßen hohes Interesse bei Mädchen und Jungen finden, oder die eine Hälfte der Texte spricht eher Mädchen an, die andere Hälfte eher Jungen.
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Offensichtliche positive Konsequenz: Minimal invasive Maßnahme
Eine veränderte Auswahl von Texten bzw. Textaufgaben ist im Vergleich zu anderen diskutierten Maßnahmen relativ einfach und sogar unauffällig zu bewerkstelligen.
- Einwand (Anderes): Hohe Kosten für neues Lehrmaterial
Durch die knappen finanziellen Mitteln sind Lehrmaterialien in Form von Büchern meist mehrere Jahre alt und werden auch daher bis zur Unbrauchbarkeit verwendet. Eine erneute Anschaffung von Büchern mit/oder veränderten Texten würde die Schulen und somit Bund und Länder tiefer in eine finanzielle Schieflage stürzen.
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Globaler Standpunkt: Nein, sondern stärker für Mädchen und Jungen interessante Aspekte des Unterrichtsstoffes einbeziehen
Aus verschiedenen Studien ist bekannt, dass z.B. Mädchen andere Texte lesen als Jungen. Den Mädchen hingegen in den MINT-Fächern der Bezug zum Alltag fehlt. Mädchen favorisieren eher Romane und fiktive Geschichten, wohingegen Jungs eher an Sachtexten und neueren Medien interessiert sind.
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Offensichtliche positive Konsequenz: Einfach und schrittweise umsetzbar
Fortentwicklung des Unterrichtsstoffes ist eine wohlvertraute Aufgabe der Schule, die keine Umorganisation des Schulbetriebs erfordert und sich in beliebig kleinen Schritten realisieren lässt.
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Erhoffte positive Konsequenz: Generell inhaltlich sinnvolle Neuausrichtung
Es ist durchaus wünschenswert, dass alle Schüler(innen) nicht nur mit der rein technischen Seite, sondern eben auch mit praktischen Anwendungen und gesellschaftlichen Konsequenzen konfrontiert werden.
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Befürchtete negative Konsequenz: Curricularer Rahmen / Zentralprüfungen
Der curriculare Rahmen ist sehr eng gefasst. Zentralprüfungen verstärken noch den Druck, den Unterricht an das Curriculum anzupassen. Um der Fortentwicklung des Stoffes entgegenzukommen, könnte natürlich das Curriculum entsprechend abgeändert werden. Allerdings ist der Versuch, neue Themen einzuführen und dafür etablierte Themen zu kürzen, zumindest sehr langwierig und nach aller Erfahrung auch nicht unbedingt aussichtsreich.
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Erhoffte positive Konsequenz: Verschiedene Interessen fördern; Unterricht abwechslungsreicher
Die unterschiedlichen Interessen von Mädchen und Jungen kann man nutzen, um den Unterricht abwechslungsreicher zu gestalten. Auf diese Weise können die verschiedenen Interessen gleichermaßen zu fördern. Zum Beispiel favorisieren Mädchen beim Leseneher Romane und fiktive Geschichten, wohingegen Jungs eher an Sachtexten und neueren Medien interessiert sind. So könnte man beides kombinieren, indem man einen Texte mit einem neuen Medium liest.
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Beleg (systematische Aufarbeitung): Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (Hrsg.) (2007): Gender und Lesen. Geschlechtersensible Leseförderung: Daten, Hintergründe und Förderungsansätze. Wien.
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Beleg (wissenschaftlicher Aufsatz): Mädchen und Naturwissenschaften in der Schule. Expertise für das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg
In dieser Arbeit werden neuere empirische Studien über die Bedeutung von Geschlecht in Zusammenhang des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts zusammengestellt und ausgewertet.
www.erzwiss.uni-hamburg.de/personal/faulstich-wieland/expertise.pdf
Literatunachweis: Faulstich-Wieland, Hanellore (2004): Mädchen und Naturwissenschaften in der Schule. Expertise für das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg
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Globaler Standpunkt: Monoedukative Schulen als Angebot
Eine Anzahl von Schulen sollte bewogen werden, wieder zur Monoedukation zurückzukehren, um ein Angebot an monoedukativen Schulen aufzubauen. Neben der Empfehlung, ob ein Kind eingeschult oder zurückgestellt werden soll, sollte auf Basis eines psychologischen Tests auch eine Empfehlung ausgesprochen werden, ob eine koedukative oder eine monoedukative Schule sinnvoll ist. Ebenso soll beim Wechsel von der Grundschule auf eine weiterführende Schule neben der Empfehlung des Schulzweigs auch wieder auf Basis eines psychologischen Tests eine Empfehlung für Koedukation oder Monoedukation ausgesprochen werden.
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Wahrscheinliche positive Konsequenz: Mehr MINT-Studentinnen
Von reinen Mädchenschulen ist bekannt, dass ihre Absolventinnen wesentlich öfter MINT-Fächer studieren, was ein Indiz dafür ist, dass sie eine bessere Situation hatten als auf einer koedukativen Schule. Es gibt keinen Beleg dafür, dass Abwesenheit des anderen Geschlechts in einzelnen Kursen oder Reflektierung der Geschlechterrollen (reflektierte Koedukation) ausreichen, um ähnliche Effekte auf koedukativen Schulen zu erreichen.
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Beleg (systematische Aufarbeitung): Die Motivation von Frauen für ein Studium der Ingenieur- und Natutwissenschaften
In diesem Beitrag werden die Bedingungen untersucht, die Frauen zur Entscheidung der Aufnahme eines Ingenieur- und/oder Naturwissenschaftlichen Studiums führen.
www.ihf.bayern.de/dateien/monographien/Monographie_67.pdf
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Wahrscheinliche positive Konsequenz: Wille der Eltern
Monoedukative Schulen im Angebot käme dem Willen vieler Eltern entgegen - insbesondere streng religiösen, aber durchaus auch anderen.
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Offensichtliche positive Konsequenz: Probleme bei Sexualkunde- und Sportunterricht werden vermindert.
Das Problem, dass koedukativer Sportunterricht die Schamgefühle von Schülerinnen bzw. Eltern aus moralisch strengem Millieu verletzt, wird damit gelöst. Auch die Problematik des Sexualkundeunterrichts wird durch Monoedukation zumindest deutlich vermindert. (Auch wenn es in dieser Diskussionsfrage wie eingangs erwähnt eigentlich nicht um Sexualkunde- und Sportunterricht geht, erscheint dieser zusätzliche positive Aspekt dennoch erwähnenswert.)
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Wahrscheinliche negative Konsequenz: Nicht umzusetzen
Heutige Schulen sind durch und durch auf Koedukation eingestellt. Die Rückkehr zur reinen Mädchen- bzw. Jungenschule könnte sehr aufwändig sein.
- Einwand (Anderes): Umgekehrt war es ja auch gut möglich.
Die Zulassung des anderen Geschlechts bei bislang reinen Mädchen- bzw. Jungenschulen wird von den einzelnen Schulen offenbar ganz gut bewältigt, obwohl diese Umstellung sicherlich schwieriger ist als die hier vorgeschlagene Umstellung einzelner Schulen von Ko- auf Monoedukation.
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Globaler Standpunkt: Nicht so bald flächendeckende Reformen irgendwelcher Art
Bis auf weiteres sollte der Unterricht in der Schule so bleiben, wie er ist. Die punktuellen Versuche zu Studienzwecken in einzelnen Schulen sollen fortgeführt werden.
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Offensichtliche positive Konsequenz: Weiteren Reformdruck auf die Schulen vermeiden.
Die Schulen sind ohnehin stark unter Druck durch verschiedenste Reformvorgaben aus der Politik. Daher sollte man vorsichtig sein mit weiteren ambitionierten Vorgaben.
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Offensichtliche positive Konsequenz: Keine ausreichende empirische Basis
Weder besteht Klarheit über die vielfältigen gesellschaftlichen Konsequenzen einer flächendeckenden Konkurrenz zwischen koedukativen und monoedukativen Schulen, noch darüber, welche positiven Auswirkungen monoedukative Elemente in koedukativen Schulen oder reflektierte Koedukation tatsächlich haben würden.
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Wahrscheinliche positive Konsequenz: Organisatorische Probleme für die Schule vermeiden.
Die Aufteilung von Klassen in Jungen und Mädchen zu einzelnen Stunden kann ernsthafte organisatorische Probleme für Schulen mit sich bringen.
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Wahrscheinliche positive Konsequenz: Als diskriminierend empfundene Situation vermieden.
Die Trennung von Mädchen und Jungen mit der offensichtlichen Zielsetzung, einem der beiden Geschlechter einen Schutzraum vor dem anderen Geschlecht zu bieten, wird von dem ersteren Geschlecht häufig als diskriminierend empfunden und verleitet Angehörige das letzteren Geschlechts zu verletzendem Verhalten.
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Globaler Standpunkt: Nein, Lehrkräfte nach Fächern auswählen
Gemeint ist, dass - vor dem Hintergrund der aktuellen Befunde – zum Beispiel weibliche Lehrkräfte die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer unterrichten und männliche Lehrkräfte die Sprachenfächer.
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Erhoffte positive Konsequenz: Identifikation mit dem Fach
Bestimmte Fächer werden mit einem Geschlecht assoziiert. So gelten die Sprachfächer als Frauendomäne und die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer als Männerdomäne. Wenn zum Beispiel Lehrerinnen die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer unterrichten, könnte sich auch Mädchen mit diesem Fach identifizieren und evtl. ein gesteigertes Interesse an den Inhalten zeigen.
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Wahrscheinliche negative Konsequenz: Engpässe beim Lehrerpersonal
In einigen Fächern sind bereits jetzt nicht ausreichende Lehrkräfte vorhanden, weshalb es schwierig wird, dann z.B. genügen Lehrerinnen für die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer zu finden.
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- Sonderstandpunkt (Frage ist falsch gestellt): Falsche Diskriminierung.
Es sollten nicht Jungen und Mädchen getrennt werden, sondern verschiedene Lerntypen und Temperamente.
- Sonderstandpunkt (Frage kann nicht fundiert beantwortet werden): Faktenlage widersprüchlich
Die Faktenlage in der Koedukations- und Monoedukationsdebatte ist widersprüchlich. Daher lässt sich nur eine begrenzt allgemeinverbindliche Empfehlung aussprechen.
- Sonderstandpunkt (Frage ist falsch gestellt): Geschlechterunterschiede haben geringes Gewicht
Für den Schulerfolg spielen andere Faktoren eine gewichtigere Rolle als das Geschlecht. Wichtiger ist der sozioökonomische Hintergrund der Schülerinnen und Schüler.
- Sonderstandpunkt (Anderes): Die Angleichung der Interessen als Forderung der Wirtschaft?
Die besondere Förderung der Mädchen in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern ist stellenweise eine permanente Forderung der Wirtschaft. Aufgrund des Fachkräftemangels wird von den Schulen erwartet, dass sie die „stillen Reserven“ ausschöpfen, um dem Mangel an Fachkräften entgegenzuwirken. Unklar ist, ob das auch im Interesse der Mädchen ist oder ob sie hier unter dem Deckmantel der Geschlechterförderung als Lückenfüller benutzt werden.
- Sonderstandpunkt (Frage kann nicht fundiert beantwortet werden): Unklares Idealbild
Wie sieht ein von stereotypenverhaltensweisen „befreites“ Mädchen- und Jungenbild (bzw. Frauen- und Männerbild) aus?
Vielfach wird geäußert, dass durch Schule und Gesellschaft bestimmte stereotypische Verhaltensweisen erzeugt und reproduziert werden. Unklar bleibt jedoch wie ein „befreites“ oder „natürliches“ Frauen- und Männerbild aussieht.